Gerade wieder läuft unter Bloggern eine Diskussion über das Gendern in der Sprache, also die Nutzung von Binnen-I, „mensch“ statt „man“, und mehr. Siehe BäckBlog und zurPolitik, sowie franz joseph. Gemeint ist offensichtlich in erster Linie das Schriftbild.
Ich gebe es gleich zu Beginn zu: ich bin furchtbar sprachkonservativ. Ich mag die Sprache weiter so verwenden, wie ich sie jahrzehntelang gelernt und eingesetzt habe. Und wie es mir meine eigene Sprachästhetik vorgibt.
Aber ich bin kein Idiot. Wenn ich in einem Text ausschließlich nur von „Benutzern“ und „Lesern“ und „Radfahrern“ schreibe, und vielleicht sogar explizit anführe „… ein Benutzer, der …“, dann ist mir klar, dass sich Frauen langsam vom Text verabschieden können.
Trotzdem finde ich etwa das Binnen-I, wie Helge, einfach zum Speiben. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass es gesprochen schon wieder verschwindet. Gesprochen ist zwischen „FahrerIn“ und „Fahrerin“ kein Unterschied.
Noch seltsamer wirkt „mensch“ statt „man“. „Man“ ist ein Indefinitpronomen, leitet sich weder vom „Mann“ ab, noch ist es ein Substantiv, und kann daher auch gegen kein anderes Substantiv ersetzt werden.
Die Grenze des Erträglichen wird aber durch gnadenloses Durchgendern um jeden Preis überschritten.
Meist so, dass einE BeitragendeR nicht gendert, eineE andereR dieseN darauf aufmerksam macht und schon geht’s los.
franz joseph
Sorry, aber das ist weder lesbar noch sprechbar. Und führt zu wilden Kombinationen wie „ein Beitragende“ oder „eine Beitragender“. Über Worte wie „GrünIn“ oder „MenschIn“ will ich gar nicht reden, dass kann ich nur als Satire auffassen. Und zwar als Satire von rechts.
Ja, ich bin der Meinung, dass Gendern eine Sprachverhunzung ist. Nein, ich bin nicht der Meinung, dass ich sonst eh super bin und dass es viel wichtigere Dinge gäbe, als sich damit auseinanderzusetzen. Aber ich glaube auch, dass es möglich ist, die (geschriebene) Sprache zu gendern und gleichzeitig im alltäglichen Leben Frauen unverändert negativ zu diskriminieren. Jedenfalls nicht mehr oder weniger, als durch Personen, die eine nicht-genderte Schriftsprache einsetzen.
Warum aber stören mich die neuen, oft durch das Internet hervorgerufene Ausdrücke nicht? Weil die @-, #- und sonstigen Sprachspiel-Firlefanzen als Dialekt aufgefasst werden können, diesmal sogar geschrieben. Aber in einem literarischen Text haben sie (derzeit) nichts zu suchen. Wenn sich das einmal ändert, dann über Generationen.
Ich will das Glasperlenspiel oder Masse & Macht nicht „gegendert“ lesen, ich würde die Bücher nach drei Seiten ungelesen zur Seite legen. Aber ich halte viel davon, geschlechtsneutral zu schreiben, ohne unsprechbare Neukonstruktionen einzubauen. Etwa durch getrenntes Anführen beider Geschlechter, oder durch Nutzung anderer Substantive. Warum setze ich „gegendert“ unter Anführungszeichen? Weil es genauso ein katastrophales Wort ist, wie „downgeloadet“ oder „ge-emailt“. Aber das hat jetzt nichts mit Geschlechtsneutralität zu tun.
Sprache ist etwas enorm persönliches. Wenn sich Binnen-Is einmal durchsetzen, dann weil eine neue Generation das schon gewohnt ist. Aber auf Druck meine eigene Schriftsprache zu ändern, das will ich nicht. Änderungen kommen auch so, gerade die Sprache ist sehr flexibel. Ich werde da aber nichts dazu beitragen, was das Sprachbild meiner Meinung nach verhunzt. Punkt.
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